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Zuletzt geändert am 20.2.2010
Irren ist menschlich, aber ein Blick in den Gesetzestext erleichtert die Rechtsfindung...
Bereits in der Vergangenheit hat sich die Verwaltung - und dann auch der Vorstand des DGUV e.V. - mit den Wählbarkeitsvoraussetzungen der Mitglieder der Selbstverwaltung auseinandergesetzt, nicht immer besonders erfolgreich und rechtsgetreu. So gab es ein Rundschreiben des Hauptgeschäftsführers des früheren HVBG an die Verwaltungen der BGen, in dem fälschlicherweise festgestellt wurde, mit Eintritt in die Altersteilzeit würden Versicherte ihre Wählbarkeit für die Selbstverwaltung verlieren und müssten ausscheiden. Erst ein Schreiben des Bundesversicherungsamtes führte zu einer Korrektur dieser Rechtsinterpretation.
Angesichts der anstehenden Sozialwahlen in 2011 ist es wieder einmal soweit, der DGUV e.V. befasst sich mit den Wählbarkeitsvoraussetzungen, auch mit denen der Mitglieder von Renten- und Widerspruchsausschüssen. In ersten Äußerungen von Hauptamtlichen aus der Gewerkschaftsszene wird davon ausgegangen, die Mitglieder von Renten- und Widerspruchsausschüssen müssten nicht nur über die Wählbarkeitsvoraussetzungen verfügen, sondern sie müssten überdies auch noch Mitglied im Vorstand bzw. in der Vertreterversammlung sein. Ein Blick in die aktuelle Fassung des SGB IV lässt aber folgenden Text finden:
§ 36a Besondere Ausschüsse
(1) Durch Satzung können
1. der Erlass von Widerspruchsbescheiden und
2. in der Unfallversicherung ferner
a) die erstmalige Entscheidung über Renten, Entscheidungen über Rentenerhöhungen, Rentenherabsetzungen und Rentenentziehungen wegen Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse,
b) Entscheidungen über Abfindungen mit Gesamtvergütungen, Renten als vorläufige Entschädigungen, laufende Beihilfen und Leistungen bei Pflegebedürftigkeit besonderen Ausschüssen übertragen werden. § 35 Absatz 2 gilt entsprechend.
(2) Die Satzung regelt das Nähere, insbesondere die Zusammensetzung der besonderen Ausschüsse und die Bestellung ihrer Mitglieder. Zu Mitgliedern der besonderen Ausschüsse können nur Personen bestellt werden, die die Voraussetzungen der Wählbarkeit als Organmitglied erfüllen und, wenn die Satzung deren Mitwirkung vorsieht, Bedienstete des Versicherungsträgers. In Angelegenheiten der Künstlersozialversicherung können auf Vorschlag der Künstlersozialkasse zu Mitgliedern der besonderen Ausschüsse Personen aus den Kreisen der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten und der zur Künstlersozialabgabe Verpflichteten und Bedienstete der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Regionalträger der gesetzlichen Rentenversicherung bestellt werden.
(3) Die §§ 40 bis 42 sowie § 63 Absatz 3a und 4 gelten für die ehrenamtlichen Mitglieder der besonderen Ausschüsse entsprechend.
(der gesamte aktuelle Text des SGB IV kann über die Homepage des BMAS aufgerufen werden: http://www.bmas.de/portal/15212/sozialgesetzbuch__4__gemeinsame__vorschriften__fuer__die__sozialversicherung.html
bzw. direkt bei Juris unter
http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/sgb_4/gesamt.pdf)
Aus § 36a ergibt sich zweifelsfrei, dass die Mitglieder von Renten- und Widerspruchsausschüssen die Wählbarkeitsvoraussetzungen erfüllen müssen, dass sie aber keineswegs "auch Mitglieder dieser Gremien zu sein haben". Eine andere Interpretation ist somit falsch.
Diese Regelung ist ja auch schließlich im Interesse der Gewerkschaften: Sie müssen ein hohes Interesse daran haben, dass es nicht zu Ämterhäufungen bei einigen wenigen ihrer Vertreterinnen und Vertreter in den Selbstverwaltungsgremien kommt. Sie müssten sich deshalb eigentlich intensiv um die Beteiligung von möglichst vielen und möglichst kompetenten Kolleginnen und Kollegen bemühen. Dies trägt nicht nur dazu bei, dass die Ergebnisse dieser Ausschüsse den gewerkschaftlichen Anforderungen besser gerecht werden. Die Verlagerung auf viele Schultern trägt aber auch dazu bei, die Voraussetzungen für eine breitere und demokratischere Diskussion der Geschehnisse bei den Unfallversicherungsträgern zu sorgen. Bislang vollzieht sich die Arbeit der Unfallversicherungsträgern immer noch weitgehend unter Ausschluss der - auch gewerkschaftlichen - Öffentlichkeit. Angesichts der Bedeutung der Unfallversicherungen für die soziale Absicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist dies nicht verständlich. Besonders auch deshalb, da - wie in DGUV Forum, Ausgabe 1/2, 2010, dem Organ des DGUV e.V. - die Diskussion um eine "größere Leistungsgerechtigkeit" wieder eröffnet wurde. Hier kann man unter der Überschrift "Leistungsrecht - Kann die Unfallrente zielgenauer ausgestaltet werden?" die Überlegungen des Leiters der Abteilung Versicherung und Leistungen des DGUV e.V., Dr. Kranig, und unter dem Titel "Konkreter und gerechter - Überlegungen zur Reform der Unfallrenten" Überlegungen aus dem Bereich eines Arbeitsministeriums eines Bundeslandes, nämlich von Herrn Diel und Frau Szmczak aus dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, nachlesen.
Wir erinnern uns an die, von Arbeitgebern und ihren Verbänden losgetretene und von verschiedenen Parteien aufgegriffenen Bestrebungen nach einer Veränderungen des Leistungsrechtes bei den Unfallversicherungen. Nicht zu Unrecht war von Gewerkschaftsvertretern ein Abbau von Leistungen vermutet worden. Gerade deshalb sollte man bei solchen Diskussionen sehr genau die bestehen rechtlichen Voraussetzungen berücksichtigen - gleiches gilt dann natürlich für etwaige Veränderungsvorschläge.
Gelegentlich hilft ein Blick in den Gesetzestext bei der Urteilsfindung und trägt überdies dazu bei, zeitaufwändige und vor allem unsinnige Diskussionen zu vermeiden.
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