Hauptmenü
Berufskrankheiten > Die Liste der Berufskrankheiten > Asbest
Zuletzt geändert am 28.07.2014
Asbestopfer brauchen dringend Unterstützung - und zwar auch und gerade durch Selbsthilfegruppen!
Für die Opfer von Berufskrankheiten ist es meist in mehrfacher Hinsicht schwierig:
1. Sie leiden unter einer schweren Erkrankung mit allen ihren physischen und psychischen Folgen.
2. Die Opfer vermuten zwar möglicherweise, dass die Erkrankung durch Arbeitsbedingungen verursacht wurde, denen die Betroffenen ausgesetzt waren. Vom vagen Verdacht bis zur Überzeugung und zur BK-Anzeige kann es aber lange dauern.
3. Nicht zuletzt deshalb, da je nach Art der Berufskrankheit, zwischen der spezifischen Exposition für die jeweilige Berufskrankheit und dem Ausbruch der Erkrankung Jahre bis Jahrzehnte liegen können und nicht selten den Betroffenen die spezifischen Expositionen nicht einmal mehr erinnerlich sind.
4. Schließlich muss auch noch das berufsgenossenschaftliche Verfahren zur Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit bewältigt werden.
5. Zwar ist die Berufsgenossenschaft in jedem einzelnen Fall dazu verpflichtet neutral und vollständig zu ermitteln, jedoch findet dies - wie viele praktische Fälle aus der Vergangenheit dies überdeutlich belegen - nicht immer statt, um es vorsichtig zu formulieren.
Diese sicherlich nur unvollständige Auflistung der Probleme, denen sich Menschen gegenüber sehen, die wahrscheinlich an einer Berufskrankheit erkrankt sind, zeigt überdeutlich, wie schwierig deren Situation ist - völlig unabhängig von den direkten gesundheitlichen Schädigungen. Völlig klar: Sie brauchen Hilfe!
Hilfe können ihnen die Familie, die Freunde und ihr soziales Umfeld teilweise geben. Nur selten wird diese Hilfe aber ausreichen, denn sie brauchen auch die Hilfe von Medizinern, Juristen und anderen Fachleuten. Und, was häufig völlig unterschätzt wird: Gerade die Hilfe und Unterstützung durch Menschen, die ein gleiches oder ähnliches Schicksal mit- und durchgemacht haben kann außerordentlich nützlich sein. Gerade an solcher Hilfe und Unterstützung fehlt es aber vielen Betroffenen.
Natürlich können Gewerkschaftsmitglieder sich an ihre Kolleginnen und Kollegen wenden und durch diese Unterstützung erfahren. Erfahrungsgemäß liegt die Stärke der Gewerkschaften durchaus in der Unterstützung bei der rechtlichen Auseinandersetzung. Sie liegt aber nicht immer in der Unterstützung in all den anderen Fragestellungen. Und hier können Selbsthilfegruppen eine wichtige Rolle spielen. Leider sind die bestehenden Selbsthilfegruppen aber noch viel zu wenig bekannt und - was ebenso problematisch ist -, es arbeiten noch zu wenige mit.
Für den Bereich der Asbestexponierten und an Asbest Erkrankten gibt es den Bundesverband der Asbestose Selbsthilfegruppen e.V., der u.a. die Gründung und den Aufbau von regionalen bzw. örtlichen Gruppen organisiert und unterstützt (vgl. http://www.asbesterkrankungen.de/). Am 23. Juni 2014 veranstaltete dieser Bundesverband in Köln zu einem Workshop ein. Wie man schon der Einladung entnehmen kann, war die Veranstaltung sehr kompetent besetzt (vgl. http://www.asbesterkrankungen.de/veranstaltung/koeln.pdf).
So berichtete beispielsweise Silvia Schön, Bündnis 90/ Die Grünen, Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft über die "Antworten auf die parlamentarische Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD in der Bremischen Bürgerschaft zu Asbest in Gebäuden und Umwelt" sowie über "Die Last mit der Beweislast - Stand der politischen Initiativen zur Beweislastumkehr".
Es gab außerdem zwei wichtige Beiträge aus medizinischer Sicht.
Zum einen der Beitrag von Prof. Dr. med. Hans-Joachim Woitowitz, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Justus-Liebig-Universität, Gießen, mit dem Thema "Die Verlassenheit ehemals asbestgefährdeter Beschäftigter mit Lungenkrebs: Entscheidet das Mesotheliomregister gegen die epidemiologischen Erkenntnisse?", in dem er sich mit der besonderen Rolle des Mesotheliomregisters bei der Begutachtung von asbestbedingten Erkrankungen befasste.
Zum zweiten der Beitrag von Prof. Dr. med. Xaver Baur, Arbeitsmedizin Charité Berlin
"Was ist für die Diagnostik Asbest-bedingter Berufskrankheiten erforderlich - was nicht?"
Von den weiteren Vorträgen soll vor allem einer hervorgehoben und mit freundlicher Genehmigung der Autorin dokumentiert werden. Es handelt sich um den Beitrag von Frau Dr. Evelyn Glensk, hier ihr Beitrag:
Error File Open Error
Error File Open Error
Error File Open Error
Error File Open Error
Soweit der Beitrag von Frau Dr. Glensk.
Wie Recht Frau Dr. Glensk und der Bundesverband in ihrer Einschätzung haben und wie wenig neutral die Berufsgenossenschaften sind, belegt ein kleines Beispiel der BGHM. Auf der Internetseite der BGHM findet sich der folgende Text:
Error File Open Error
(Vgl. http://www.bghm.de/)
"Gestern Asbest, morgen neue Risiken...", bei der BGHM scheint man sich für die Vorgänge im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht sonderlich zu interessieren. Andernfalls hätte man sonst vielleicht davon erfahren, dass es eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 mit dem Titel "Asbestbedingte Gefährdungen der Gesundheit am Arbeitsplatz und Aussichten auf Beseitigung von sämtlichem noch vorhandenen Asbests" gibt. In dieser Entschließung heißt es in der Ziffer 36: "... dass der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge in der Europäischen Union allein zwischen 20.000 und 30.000 Fälle von asbestbedingten Erkrankungen jährlich registriert werden und in der EU bis 2030 voraussichtlich mehr als 300.000 Bürger an einem Mesotheliom sterben werden...". (vgl. http://www.efbww.org/pdfs/Resolution%20DE.pdf)
Drastischer sind die Zahlen, die in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN genannt werden:
"In Deutschland sterben jährlich offiziell etwa 1 500 Menschen aufgrund einer
anerkannten asbestbedingten Berufskrankheit. Hier sind noch nicht die Todes-
fälle von Familienangehörigen eingeschlossen, wie z. B. von Frauen, die die
Arbeitskleidung der Männer gewaschen, oder die der Kinder, die im Haus den
Staub auf der Arbeitskleidung eingeatmet haben. Erfasst sind auch nicht jene
Krebstoten, die Asbest aus der Umwelt aufgenommen haben. Die Verfahren
der Berufsgenossenschaften führen dazu, dass nur 20 Prozent der angezeigten
asbestbedingten Lungenkrebsfälle als Berufskrebserkrankung zur Anerken-
nung kommen. Es ist ableitbar, dass heute neun bis zehn Menschen am Tag in
Deutschland sterben, weil sie asbestexponiert waren. Bis zum Jahr 2020 ist
europaweit noch mit 500 000 Toten zu rechnen. Ab ca. 1900 war die todbrin-
gende Wirkung von Asbestexpositionen bekannt; in Deutschland ist seit 1936
Asbestose und seit 1943 asbestbedingter Lungenkrebs eine Berufskrankheit."
(vgl. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/144/1714465.pdf)
Wer danach noch an die "Neutralität" der BGen bei der Ermittlung von Berufskrankheitsanzeigen glaubt, der sollte besser nicht arbeitsbedingt erkranken.
Übrigens:
Am 23. Juni 2014, am Rande des Workshops, hat der Autor dieses Beitrags ein Vorstandsmitglied der BGHM, nämlich Heinz Fritsche, Koordinator der Arbeit der Selbstverwaltungsmitglieder für die IG Metall beim Vorstand in Frankfurt, auf die Internetseite angesprochen. Sie ist bis heute - also mehr als einen Monat später - noch nicht verändert worden.
Woran mag es wohl liegen? Etwa daran, dass der Vorstand nicht die Politik der BGHM bestimmt. Oder etwa daran, dass Heinz Fritsche, der Vertreter der Vorstandsverwaltung der IG Metall im Vorstand der BGHM, eine derartige Positionierung widerspruchsfrei akzeptiert? Oder sollte ihm dies einfach nur gleichgültig oder zu arbeitsaufwändig oder zu konfliktträchtig gewesen sein, dafür zu sorgen, dass diese Aussage von der Internetseite verschwindet? Oder ist die neue Leiterin der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der BGHM ihren Aufgaben nicht gewachsen?
Wie sagt Frau Dr. Glensk in ihrem Beitrag:
"Aber ich will nicht verhehlen, dass es im Zusammenwirken mit den Gewerkschaften in der Vergangenheit auch große Enttäuschungen gab - vielleicht auch gerade weil unter den Selbsthilfegruppenmitgliedern zahlreiche Gewerkschafter, ehemalige Betriebs- und Personalräte sind."
Was ist von den Unterstützungszusagen von Heinz Fritsche, Sönke Bock u.a. für den Bundesverband der Asbestselbsthifegruppen zu halten, wenn sie gleichzeitig als Mitglieder des Vorstandes nicht einmal dafür sorgen können oder wollen, dass diese Aussage von der Internetseite der BGHM gelöscht wird?